Germany
January 8, 2008
Quelle:
SAATEN-UNION News Nr.
49
http://www.saaten-union.de/index.cfm/nav/162/article/3965.html
Braugerstenanbau lohnt sich wieder
– wenn alle beteiligten Stufen daran Geld verdienen. Landwirte
müssen vom Züchtungsfortschritt profitieren können, Mälzer und
Brauer brauchen eine gewisse Sortenreinheit, von der auch der
Handel logistisch profitiert. Große Sortenvielfalt schadet bei
Braugerste mehr als sie nützt. Daher kommt es darauf an, auf die
richtigen Sorten zu setzen: Sorten mit hoher Ökostabilität,
sicherer Sortierung, ausgewogener innerer Qualität und einer
guten Blattgesundheit.
Die lange Jahre anhaltende Dominanz der Sorten Scarlett und
Barke ist in den letzten Jahren einer Sortenvielfalt gewichen.
Zwar gelang einigen Sorten der Sprung in den Markt, die
züchterisch „veralteten“ Sorten konnten sie aber nicht
verdrängen. Für die Mälzindustrie führte diese neue
Sortenvielfalt jedoch zu einem großen Problem, denn die
Sortenreinheit ist für ein qualitativ hochwertiges Malz
unverzichtbar: Nur sortenreine Chargen können eine homogene
Keimung und damit verbundene homogene Lösung garantieren. Auch
wenn die Brauereien Malze von der Mälzerei kaufen, welche aus
verschiedenen Gerstensorten bestehen, soll diese Mischung erst
nach dem Mälzungsprozess geschehen.
Je mehr unterschiedliche Sorten angeliefert werden, desto mehr
Silos werden zur Wahrung der Chargenreinheit benötigt. Während
der Ernte ist es für den Erfasser schwierig, die verschiedenen
Sorten und Eiweißgehalte zu separieren. Das müssen sie jedoch,
denn neben der Sorte haben auch der Eiweißgehalt sowie die
Herkunft einen Einfluss auf die Lösung.
Somit stellt die regionale Sortenvielfalt nicht nur für die
Mälzerei sondern auch für den Erfassungshandel ein großes
Problem dar. Vermischungen sind kaum zu verhindern.
Bayern reduzierte Sorten drastisch
In Bayern, dem größten Anbaugebiet, wurde jetzt auf diese
Problematik reagiert. Der Verein zur Förderung des bayerischen
Braugerstenanbaus hat das Sortiment der uneingeschränkt
empfohlenen Sorten drastisch reduziert. Für das Jahr 2008 haben
nur noch MARTHE und BELANA die volle Empfehlung erhalten. Durch
diese konsequente Reduzierung des Sortenportfolios besteht die
Chance, in Bayern in zwei oder drei Jahren die tatsächliche
Sortenvielfalt auf 3 oder 4 Varietäten zu reduzieren.
Mit MARTHE ist erstmalig eine Sorte über das Berliner Programm
in eine Empfehlung gekommen. Das Siegel des Berliner Programms
bescheinigt eine Qualität, die sich in der Mälzerei und Brauerei
problemlos verarbeiten lässt. BELANA, die zwei Jahre früher
zugelassen wurde und somit noch nicht am Berliner Programm
teilnehmen konnte, hat sich auf Grund ihrer agronomischen sowie
mälzungstechnologischen Qualitäten etabliert.
Qualitäten bleiben auch in Zukunft wichtig
Wie bei Wein gibt es bei der Gerstenqualität Unterschiede, die
insbesondere zum Erntewechsel den Mälzern und Brauern die
Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Dass diese Schwierigkeiten
keinen Einfluss auf die Bierqualität haben, ist auf das Geschick
des Mälzers und Brauers zurückzuführen. Diese können mit hohem
Know-how auch durch die Anpassung der Parameter wie z.B.
Temperatur und Zeit aus sehr bescheidenen Qualitäten
Spitzen-Biere herstellen. 2007 musste mangels Alternativen sogar
aus Futtergerste Bier gebraut werden! Minderqualitäten
verkomplizieren jedoch den Gesamtprozess und das treibt die
Kosten in die Höhe. Daher müssen Brauer und Mälzer auch in
Zukunft Wert auf Spitzenqualitäten legen.
Sorten, die vom Berliner Programm empfohlen und auf Grund guter
Ergebnisse in den Landessortenversuchen in die regionale
Sortenempfehlung aufgenommen wurden, garantieren allen
Beteiligten stabile Erträge – auf dem Acker wie auf dem Markt.
Die
Ergebnisse der Landessortenversuche 2007
Bei der zweijährigen Auswertung der Sortenergebnisse fällt auf,
dass es eine große Variabilität innerhalb der geprüften
Braugerstensorten in der Stufe 1 (unbehandelt) und Stufe 2
(behandelt) und demzufolge auch in der gemittelten Stufe D gibt
(Tab. 1). Die „Bandbreite“ erstreckt sich von 93 % bis 105 %.
Zwischen der ertragsschwächsten und ertragsstärksten Sorten
liegt also eine Differenz von 12 % rel. Kornertrag!
In der zweijährigen Betrachtung (2006, 2007) überzeugen die
Sorten BELANA und MARTHE mit hohen und stabilen Erträgen (Tab.
1). Beide Braugerstensorten erweisen sich über die Jahre als
ertragstreu und zwischen den behandelten und unbehandelten
Versuchen als ertragsstabil. Ertragsstabilisierende
Eigenschaften sind bei beiden Sorten die gute Blattgesundheit
und ein stabiles Stroh. Auch unter Stressbedingungen bringen
beide Sorten eine hervorragende und sichere Sortierung und zudem
eine gute Malzqualität – wesentliche Kriterien für den deutschen
Braugerstenmarkt.
Neue Europasorte
In den Europäischen Sortenversuchen können sich deutsche Sorten
der internationalen Konkurrenz im direkten Vergleich stellen.
Für MARTHE bestätigen die Resultate der diesjährigen
EU-Sortenversuche, durchgeführt an 11 Standorten in Deutschland,
das außerordentlich hohe Ertragspotenzial und ihre exzellente
Ökostabilität (Tab. 2). Hier zeigte sich, dass sich diese Sorte
gegen die aussichtsreichsten EU-Sorten behaupten kann.
Der Ertrag ist nicht alles, aber ohne Ertrag ist alles nichts!
Mit neuen, leistungsfähigen und qualitativ hochwertigen
Braugerstensorten ist die Basis für die nächsten „Runden“ im
Braugerstenmarkt gelegt.
Dr. Lissy Kuntze; Dr. Matthias Keßler
Bisher veröffentliche Anbauempfehlungen für 2008
(Stand 14.12.2007) |
Bayern:
BELANA (Hauptsorte) / MARTHE (Hauptsorte) / Quench
(Versuch, BP) / Lisanne (Versuch, BP) / Primadonna
(Versuch) / Div. (Auslauf)
Braugerstenstelle Südbaden:
BELANA (späte Lagen) / MARTHE (mittelfrühe Lagen) /
Braemar (frühe Lagen)
Landesbraugerstenstelle Baden-Württemberg e.V.:
MARTHE, Braemar (volle Empfehlung) /BELANA
(mittelspät und späte Standorte)
Hessen:
MARTHE, Braemar (volle Empfehlung)
Förderstelle Braugerste Rheinland-Pfalz e.V.:
Marthe, Braemar (volle Empfehlung)
Thüringer Braugerstenverein e.V.:
MARTHE (volle Empfehlung) / Pasadena
Verein zur Förderung des Braugerstenanbaus Nord-Ost
e.V.:
MARTHE, BELANA, Pasadena (volle Empfehlung)
Braugerstenverein Voreifel:
BELANA, Braemer (volle Empfehlung)
Schleswig Holstein:
MARTHE, Power (vorl. Empfehlung) / NFC Tipple (volle
Empfehlung)
Mecklenburg-Vorpommern:
MARTHE, NFC Tipple (volle Empfehlung) / Sebastian
(ertragsschwächer) / Quench (Versuch)
Sachsen/Sachsen-Anhalt:
MARTHE, BELANA, Auriga (volle Empfehlung) / Quench
(Versuch BP) / NFC Tipple (Versuch) |
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