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Diabrotica: Die natürliche Resistenz ist jetzt Wirklichkeit

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Germany
October, 2008

Quelle: SAATEN-UNION Newsletter Nr. 55

Der Westliche Maiswurzelbohrer Diabrotica virgifera virgifera Le Conte rückt näher und wird zur ernsten Bedrohung für den europäischen Maisanbau in engen Fruchtfolgen. Umso wichtiger ist es, das Risiko richtig zu bewerten und die Lösungsansätze konsequent zu kombinieren.

Die SAATEN-UNION GmbH und ihr Maiszuchtunternehmen SWS GbR hatten bereits im Herbst 2007 einen für die Fachwelt völlig überraschenden Züchtungserfolg bekannt gegeben: Die erste Maishybride mit einer natürlichen Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer.

Der Stamm erhält nach Zulassung in Ungarn den Namen „SUNRISE“ und ist dann ab 2010 EU-weit vertriebsfähig. Die Fachwelt nahm diese Nachricht mit einer Mischung aus Verblüfftheit, Begeisterung und auch Misstrauen auf. Traut man doch Derartiges mittlerweile nur noch der Gentechnik zu. Dabei ist SUNRISE ein überzeugender Beleg für das nach wie vor faszinierende Potenzial der klassischen Pflanzenzüchtung. Über 16 Jahre wurden mit großem züchterischen Aufwand natürliche südamerikanische Resistenzgene in Elitematerial eingekreuzt, um diese für den Landwirt nutzbar zu machen.

Mit eigenen Augen überzeugt

Bild: Wurzelfraß durch den Maiswurzelbohrer

Eine internationale Reisegruppe von Experten und Journalisten aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien, Tschechien, der Slowakei und aus Ungarn konnte sich im Juni 2008 selbst überzeugen, wie tragfähig diese natürliche Resistenz ist. Die Teilnehmer sahen im ungarischen Dalmand zahllose umher fliegende Wurzelbohrerkäfer und deutliche Fraßschäden an Blättern und Seide. Was die Besucher jedoch am meisten beeindruckte, war der Kontrast zwischen den bis hin zum Totallager geschädigten Pflanzen der offiziellen Verrechnungssorten und den nahezu ungeschädigten Parzellen des resistenten Sortenstammes „SUNRISE“. Die abgefressenen Wurzeln der geschädigten Pflanzen zeigten nach dem Ausgraben das Ausmaß der Fraßschäden der Larven im Boden. Die Gruppe stufte die Schädigung gemäß der international anerkannten dreistufigen IOWA-Skala (0 bis 3) mit 2,25 ein, da zweieinviertel der drei Wurzelringe der Maispflanze abgefressen worden waren.

Dabei hatten die anfälligen Sorten noch Glück, denn im Gegensatz zum Vorjahr gab es im Frühsommer 2008 nahezu keinen Trockenstress. Mit dem Ende der Fraßtätigkeit bei einsetzender Verpuppung der Larven konnten die Pflanzen wenigstens neue Wurzeln bilden und ihr Überleben sichern. Angeregt durch das Fehlen der Wurzeln treiben auch die höher gelegenen Knoten des Stängels aus und fixieren die krumme Pflanze am Boden. Beim normalen Sommerlager setzt die Schräglage der Pflanze den Reiz, sich wieder aufzurichten. Hier kann man eine solche Wurzelbildung nicht beobachten.

Auch die Pflanzen auf den benachbarten Feldern des Betriebs Dalmand zeigen Diabroticaschäden in Form krummer Beine. Dass sie insgesamt besser dastehen als die befallenen Verrechnungssorten im Versuch, liegt am intensiven Pflanzenschutz des Betriebes. Eine insektizide Beizung und das insektizide Granulat in der Saatfurche kontrollieren den Befall von Anfang an. Der Insektizideinsatz gegen den Käfer vom Hubschrauber oder – bei ausreichend kompaktem Wuchs der Pflanzen – mit dem Stelzenschlepper behindert die Vermehrung des Schädlings. Die wichtigste Maßnahme des Betriebes ist jedoch, den sonst üblichen Monomais jetzt nach zwei Jahren zu unterbrechen. So finden die Larven im Boden im dritten Jahr keine Wurzeln ihrer begehrten Wirtspflanze mehr vor.

Nur eine Kombination der Maßnahmen macht Sinn

Auch zukünftig bleibt die Fruchtfolge die mächtigste Waffe, die der Landwirt gegen den Käfer und seine Larven ins Feld führen kann. Wenn nach der Eiablage im Mais die Larve im Folgejahr keine Wirtspflanze vorfindet, stirbt sie ab.

Allerdings zeigt der Schädling eine atemberaubende Anpassungsfähigkeit. In Illinois wurde nach 20 Jahren Mais und Soja in zweigliedriger Fruchtfolge auf 98 % der Anbaufläche diese Bekämpfungsmöglichkeit mittlerweile durchkreuzt. Der hohe Selektionsdruck hat Käferpopulationen hervorgebracht, die ihre Eier in Sojafelder ablegen und nicht wie sonst üblich in Maisfelder. Diese in Sojafeldern abgelegten Eier haben gute Überlebenschancen, da auf diesem Schlag üblicherweise Mais im Folgejahr steht: Ein Festessen für die nächste Generation. Auch gegen viele Insektizide hat der Maiswurzelbohrer mittlerweile resistente Formen entwickelt. Und schließlich passt er sich auch agroklimatisch immer mehr an und dringt so immer weiter in nördliche Regionen vor.

Was können Sie in Maisregionen jetzt zu tun?

Es gilt, möglichst viele unterschiedliche Maßnahmen zu kombinieren:

  • Fruchtfolgelockerung ist die wichtigste Gegenmaßnahme, aber in der Praxis nicht immer einfach zu realisieren. Am höchsten ist das Risiko dort, wo Mais nach Mais steht: In Deutschland sind dies die oberrheinische Tiefebene, das östliche Niederbayern sowie bedeutende Teile von Weser-Ems; in Frankreich das Elsass, Teile der Bretagne und der ganze Südwesten; in Österreich hängt die Steiermark am Mais und in Ungarn stehen schätzungsweise 42 % der Maisflächen in Monokultur. Hinzu kommen weite Flächen der Slowakei, Rumänien, Serbien und Kroatien.

Doch auch die anderen Handlungsoptionen sind nicht einfach zu realisieren:

  • Insektizide Granulate sind in vielen Gebieten aus Gründen des Wasserschutzes politisch nicht durchsetzbar. 
  • Die insektizide Beizung mit dem Wirkstoff Clothianidin wird aufgrund des Bienensterbens in Süddeutschland durch unzureichende Beizqualität kritisch diskutiert. Werden hier nicht bald belastbare Lösungen zwischen der Agrarchemie, Behörden, Sämaschinentechnik sowie Züchtern und Aufbereitern erarbeitet, wird auch diese Möglichkeit ausfallen.
  • Insektizide Spritzungen aus der Luft dürften dem in Deutschland ohnehin durch die GVO-Debatte beschädigten Mais-Image einen weiteren Tiefschlag versetzen. Sie würden das in der Öffentlichkeit wirksamste Argument für den Mais zerstören: Mit weitem Abstand zu allen anderen wichtigen Kulturen werden im Mais die wenigsten Chemikalien eingesetzt. 
  • Keine Option sind auch gentechnisch veränderte Maissorten, die mit Hilfe eines Giftes des Bacillus thuringiensis gegen den Maiswurzelbohrer resistent sind. Sie sind in Europa zur Zeit weder zugelassen noch politisch durchsetzbar. 

Was bleibt also unter dem Strich?

Erstens müssen die Landwirte in den Mais-Hochburgen jede Möglichkeit einer wenn auch noch so geringen Auflockerung ihrer Fruchtfolge intensiv prüfen. Nur so sind sie vorbereitet, wenn der Schädling von ihrer Region Besitz ergreift. Zweitens bleibt die bange Hoffnung, dass die insektiziden Beizen wieder einsetzbar sind. Dritte Abwehrmöglichkeit: die klassische Resistenzzüchtung.

SUNRISE und ein weiterer resistenter Stamm stehen beide seit diesem Jahr in der ungarischen Wertprüfung. Nach ihrem zweiten Prüfjahr im Frühjahr 2010 sind sie zulassungsfähig. Beide Sorten stehen in Ungarn in der späten Reifegruppe. Berücksichtigt man die länderspezifischen Unterschiede bei der Berechnung der Reifezahlen, dürften beide in Deutschland knapp unter der Reifezahl 400 liegen. Für den Anbau als Körnermais fallen sie damit aus. Allenfalls als Silomais für Biogas wäre ein Einsatz in den beiden süddeutschen Mais-Ballungszentren denkbar.

Gerade weil die natürliche Resistenz nicht so schnell in neue Sorten einzubringen ist wie gentechnische Konstrukte, haben die Quarantänemaßnahmen gegen eine rasche Ausbreitung des Wurzelbohrers durchaus einen Sinn. Sie verschaffen der Züchtung wertvolle Zeit. Wenn der Käfer in der Lage sein wird, hier in Deutschland ökonomischen Schaden zu setzen, wird die SAATEN-UNION in der Lage sein, Sorten passender Reifegruppen anzubieten: Mit einer Vielzahl auf Genen beruhender und damit sehr stabilen, natürlichen Resistenz

Dr. Andreas Groß

 

 

 

 

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