Germany
May 4, 2009Quelle:
bioSicherheit
http://www.biosicherheit.de/de/aktuell/682.doku.html
Das
von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner Anfang April
verhängte Anbauverbot für gentechnisch veränderten Bt-Mais
MON810 hat möglicherweise auch Auswirkungen auf die eigene
Ressortforschung der Bundesregierung. In einem seit 2005
laufenden Forschungsprogramm des Bundesministeriums für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wird
MON810-Mais verwendet, um Auskreuzungsraten in benachbarte
konventionelle Flächen zu untersuchen. Können die Versuche nun
wie geplant 2009 fortgesetzt werden? BioSicherheit fragte
Gerhard Rühl vom Julius-Kühn-Institut (JKI), den Koordinator der
Versuche.
Das "Bundesforschungsprogramm zur Sicherung der Koexistenz" des
BMELV wurde 2004 von der damaligen Landwirtschaftsministerin
Renate Künast (Grüne) initiiert. Ziel der Forschung ist es
Maßnahmen zu erarbeiten, die ein verträgliches Nebeneinander
(Koexistenz) von Maisanbau mit und ohne Gentechnik ermöglichen.
Dabei geht es vor allem darum, den in der EU vorgeschriebenen
Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 Prozent sicher einzuhalten.
Seit 2005 werden in verschiedenen Versuchsanordnungen die
Auskreuzungsraten von gentechnisch verändertem Bt-Mais in
konventionellen Mais gemessen, um daraus Abstandsempfehlungen
abzuleiten. Außerdem wird überprüft, welchen Einfluss auf die
Auskreuzungsrate z.B. eine Mantelsaat oder die Ausrichtung der
Maisreihen hat. Die Ergebnisse dieser Forschung werden vom BMELV
genutzt, um Regeln der guten fachlichen Praxis für den Anbau von
gentechnisch verändertem Mais im Rahmen des Gentechnikgesetzes
zu entwickeln bzw. zu überprüfen.
bioSicherheit: Sie führen seit 2005 Auskreuzungsversuche
mit Mais durch. Dabei verwenden sie auch den gentechnisch
veränderten Bt -Mais MON 810. Kann Ihre Forschung jetzt vor dem
Hintergrund des Anbauverbots von Landwirtschaftsministerin
Aigner 2009 weitergeführt werden?
Gerhard Rühl: Weiterführen dürfen wir in diesem Jahr
lediglich die Feldversuche unter Nutzung des
Farbmais-Testsystems. In unseren Feldversuchen verwenden wir
zwei verschiedene Testsysteme. Für die quantitative Ermittlung
von Auskreuzungsraten nutzen wir ein System bestehend aus
Bt-Mais und der jeweiligen isogenen Linie . Um Effekte
qualitativ zu bewerten, setzen wir ein Farbmais-Testsystem mit
einer gelbkörnigen Maissorte als Pollenspender und einer
weißkörnigen Maissorte als Pollenempfänger ein.
bioSicherheit: Gemäß Aussage von Frau Aigner sollte ja
die Forschung zu gentechnisch veränderten Pflanzen weiterhin
möglich sein?
Gerhard Rühl: Die Feldversuche sind vom BMELV initiiert
worden und werden mit den zuständigen Fachreferaten jedes Jahr
abgestimmt. Da es sich bei uns um einen Anbau zu
Forschungszwecken handelt, warten wir noch immer auf ein
entsprechendes Signal, auch das Testsystem mit Bt-Mais
wenigstens im nächsten Jahr wieder einsetzen zu können.
bioSicherheit: Welche Versuche waren denn für 2009
geplant?
Gerhard Rühl: Nachdem wir in den Jahren 2005-2007
schwerpunktmäßig die Auskreuzungsrate von Bt-Mais bei
unterschiedlichen Abständen (24 – 102 Meter) geprüft haben,
untersuchen wir seit 2008 vor allem die Wirksamkeit zusätzlicher
Maßnahmen zur Verringerung der Auskreuzungsrate in benachbarte
konventionelle Maisfelder.
In diesem Jahr sollte erstmalig ein Feldabstand von 300 Metern,
das ist der vorgeschriebene Abstand zu ökologisch
bewirtschafteten Maisflächen, untersucht werden. Dieser
Feldversuch ist nur mit dem aus Bt-Mais und isogener Linie
bestehenden Testsystem sinnvoll und konnte daher in diesem Jahr
noch nicht angelegt werden. Unter Verwendung des
Farbmais-Testsystems werden wir in diesem Jahr an vier
Standorten Feldversuche mit unterschiedlichen Kulturarten auf
der Fläche zwischen den Maisschlägen anlegen sowie auch den
Einfluss der Drillrichtung im Empfängerfeld und der Tiefe des
Pollenspenderfeldes untersuchen.
bioSicherheit: Welche Auswirkungen hat das kurzfristige
Aussetzen der Versuche auf die Aussagefähigkeit einzelner
Fragestellungen und für das Forschungsprogramm insgesamt?
Gerhard Rühl: Pflanzenbaulich orientierte Feldversuche
sollten mindestens drei Jahre lang durchgeführt werden. Dies ist
gerade für unsere Koexistenzstudien besonders bedeutsam, da wir
die Versuche als "worst case"-Szenarien konzipiert haben, also
Informationen über die Auskreuzungsrate unter ungünstigen
Bedingungen sammeln wollen. Das bedeutet in erster Linie, dass
die beiden benachbarten Maisfelder zeitgleich blühen und während
der Maisblüte starker Wind aus der Richtung des Bt-Maisfeldes
zum konventionellen Maisschlag weht. Insbesondere die
Wirksamkeit einer Mantelsaat am Rand des Bt-Maisfeldes als
zusätzliche Maßnahme um Auskreuzung zu vermindern konnte jedoch
erst ein Jahr lang geprüft werden. Da wir mit unseren
Auskreuzungsuntersuchungen erst recht spät parallel zum
Praxisanbau im Jahr 2005 beginnen konnten, wäre es wünschenswert
gewesen, die Studien bei Mais abzuschließen, bevor ein Anbau von
Bt-Mais MON810 möglicherweise im nächsten Jahr wieder genehmigt
wird.
bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch
Ausführliche
Hintergrundinformationen mit Filmbeiträgen zum Projekt finden
Sie unter:
http://www.biosicherheit.de/de/koexistenz/
http://www.biosicherheit.de/de/koexistenz/636.doku.html |
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