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Warum reagieren Sorten unterschiedlich?

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Germany
May 13, 2009

Quelle: SAATEN-UNION Newsletter Nr. 58

Egal wie das Wetter einer Vegetationsperiode verläuft, jedes Jahr gibt es bei den Weizensorten Gewinner und Verlierer. Deren Herkunft wirkt sich auf deren ertragsrelevante Reaktion auf die Jahreswitterung aus. Unter den Gesichtspunkten der Ertragsphysiologie sind davon maßgeblich der Vernalisationsanspruch, das Schossverhalten und der Ertragsaufbau betroffen.

Vernalisation verhindert vorzeitige generative Entwicklung

Im Getreide werden im Herbst mit abnehmender Tageslänge schosshemmende Inhaltsstoffe gebildet. Die verhindern, dass die Pflanze vor Winter in die generative Entwicklung eintritt und zu schossen beginnt und damit dem Risiko der Auswinterung unterworfen ist. Durch die Einwirkung von niedrigen Temperaturen über einen längeren Zeitraum werden die schosshemmenden Inhaltsstoffe abgebaut. Dieser Vorgang wird als Vernalisation bezeichnet.

Der Winterweizen ist auf den Kältereiz im Kurztag angewiesen, um Blüten bilden und schossen zu können. Dazu sind Temperaturen zwischen 0° C und 8° C notwendig. Sorten mit hohem Vernalisationsanspruch, z. B. AKTEUR, TUAREG oder SKAGEN, brauchen 50 Vernalisationstage, Sorten mit geringerem Vernalisationsanspruch, wie MULAN, etwa 40 Tage.

Ist der Vernalisationsanspruch erfüllt, beginnt der Weizen mit der Ährenanlage. Sobald er ausreichend vegetative Masse gebildet hat und die kritische Tageslänge überschritten ist, startet die Schossphase.

Die Tageslänge steuert die innere Uhr

Die vegetative Entwicklung des Getreides wird durch den Einfluss des Lichtes und der Temperaturen gesteuert. Der Übergang in das Schossen wird durch das Verhältnis von Tages- und Nachtlänge eingeleitet. Er setzt erst ein, wenn der Lichtreiz länger anhält als die Dunkelphase. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Getreide erst im Sommer blüht und Nachkommen zur Erhaltung der Art produziert.

Je nach Herkunft des Genmaterials kann das Schossen schon durch geringere Tageslänge ab 13 Stunden (= Kurztagstypen, z.B. CUBUS, LUDWIG, MULAN, PEGASSOS) oder auch erst ab einer Tageslänge über 14 Stunden (= Langtagstypen, z.B. AKRATOS, AKTEUR, SKAGEN, TUAREG) eingeleitet werden.

„Tagneutrale Sorten“ (z.B. BRILLIANT, PAROLI, INSPIRATION, TOMMI, TÜRKIS) liegen im Schossverhalten zwischen diesen Extremen.

Intensive Vernalisation = frühere Ährchenbildung

Eine schwache Vernalisation in sehr milden Wintern bewirkt, dass der Weizen im Verhältnis zur vegetativen Entwicklung später mit der Ährchenbildung beginnt. Nach intensiver Vernalisation erreicht er frühzeitig das Doppelringstadium, mit dem die Umsteuerung in die generative Entwicklung beginnt. Die Tageslänge zwingt den Weizen, wenn er ausreichend vernalisiert ist, zum Schossen.

Das wirkt sich auf die Dauer der Ährchenanlage, vor allem in den Nebentrieben aus: Eine intensive Vernalisation wie 2007/2008 und 2008/2009 begünstigt Sorten mit hohem Vernalisationsanspruch. Sie beginnen früher mit der Ährchenanlage und bilden mehr Spindelstufen. Somit bilden sie – auch in den Nebentrieben – mehr (Außen-) Körner je Ähre. Die äußeren Körner eines Ährchens werden schwerer und sind ertragsstabiler als die Mittelkörner eines Ährchens. Das wirkt sich positiv auf das TKG aus. Davon profitieren besonders Sorten mit hohem Tageslängenanspruch, die später schossen, z.B. AKTEUR, SKAGEN oder auch TUAREG.

Ungenügende Vernalisation = viele unproduktive Nebentriebe

In Jahren und auf Standorten mit ungenügender Vernalisation beginnen hoch vernalisationsbedürftige Sorten erst später Ährchen anzulegen. Da der Langtag den Weizen zum Schossen zwingt, werden vor allem in den späten Nebentrieben weniger Spindelstufen gebildet. Nach unzureichender Vernalisation produzieren diese Sorten oft zu viele ertragsschwache Nebentriebe, die später stärker unter Trockenheit und Hitze leiden (Abb. 1).

 

Die Schossneigung einer Sorte ist nicht zwingend an den Vernalisationsanspruch gekopppelt: Es gibt Sorten, die einen hohen Vernalisationsanspruch haben und trotzdem früher schossen als Sorten mit geringem Vernalisationsanspruch, (z.B. SCHAMANE). Dieser kommt, wenn er unzureichend vernalisiert ist, erst spät ins Doppelringstadium, beginnt aber früh zu schossen. Darunter leidet insbesondere in den Nebentrieben die Ährenbildung. Auf Standorten oder in Jahren mit geringer Vernalisation müssen diese Sorten vor Winter ausreichend bestockt sein, sonst fallen sie im Ertrag zu stark ab. Für die Spätsaat sind diese Sorten weniger geeignet. Sorten mit geringerem Vernalisationsanspruch haben dagegen Vorteile in Jahren mit unzureichender Vernalisation wie 2006/2007. Dies gilt vor allem auf wintermilden Standorten, beispielsweise im Rheinland. Sorten wie MULAN legen auch unter diesen Bedingungen rechtzeitig Ährchen an und beginnen zügig zu schossen – mit dem Risiko zu „fetter“ Bestände. Zudem verbleibt mehr Zeit für die generative Entwicklung. Da die Blüte und die Kornbildung früher einsetzen, nimmt das Risiko von Hitze- und Trockenschäden ab.

Frühes Ährenschieben = längere Kornbildung

Eine Ausnahme bildete das vergangene Jahr: Die Frühjahrstrockenheit hielt bis zum Ährenschieben des Weizens an. Von den danach einsetzenden Niederschlägen profitierten die Sorten mit spätem Ährenschieben und langer Abreife.

Dennoch werden sich in Zukunft bei uns Sorten wie MULAN durchsetzen, die ausreichend winterhart sind und trotzdem auch nach einem milden Winter aufgrund des geringen Vernalisationsanspruches rechtzeitig Ährchen anlegen und frühzeitig zu schossen beginnen. Ihr Ährenschieben setzt bereits in der dritten Maidekade ein. In diesem Zeitraum sind die Tage genauso lang wie in der zweiten Julihälfte, aber bei meist geringerer Hitze. Das können diese Sorten für die Kornbildung nutzen und in eine höhere Ertragsleistung umsetzen.

Hitze über 30 °C begrenzt auf den meisten Standorten das Ertragspotenzial inzwischen häufiger als Trockenheit. Das war im Vorjahr augenscheinlich: Die über Wochen anhaltende Trockenheit richtete im Vergleich zu 2003 vergleichsweise wenig Schaden an. Und dies obwohl 2003 sogar mehr Wasser zur Verfügung stand – aber dafür lagen die Temperaturen wochenlang über 30 °C.

Wie soll sich der Ertrag in Zukunft zusammensetzen?

Bis in die Mitte der 90er Jahre stiegen die Weizenerträge in erster Linie aufgrund der höheren Kornzahl je Ähre, bei nahezu konstanter Ährenzahl und gleichbleibendem Tausendkorngewicht. Seitdem scheint nicht zuletzt durch die bessere Anpassung der Anbautechnik das Maximum der geernteten Körner je qm erreicht zu sein, das je nach Sorte und Standort zwischen 16.000 und 28.000 Körner je qm liegt (Abb. 2).
 

 

Die jährlichen Ertragsschwankungen wurden in den letzten 10 Jahren vorwiegend durch die Kornausbildung hervorgerufen. Wir müssen in Zukunft Sorten mit stabilem TKG bevorzugen, die auf Stresssituationen weniger stark reagieren. Also Genotypen, die maximal drei bis vier kräftige Triebe je Pflanze bilden und spät angelegte Nebentriebe zügig aussortieren. Mit mehr Nebentrieben in der frühen Schossphase sind Spitzenerträge nicht mehr zu erreichen. Denn die Versorgung der unproduktiven Nebentriebe geht zu Lasten der kräftigen Triebe. Die Ährchendifferenzierung muss früh einsetzen, bevor der Langtag den Weizen zum Schossen zwingt. Nur so kann der Weizen ausreichend Spindelstufen bilden und ist weniger auf die Bekörnung des Einzelährchens angewiesen. Die Außenkörner sind ertragsstabiler als die Mittelkörner. Ein frühes Ährenschieben sichert die Kornausbildung. Aus ertragsphysiologischer Sicht kommt MULAN dem Idealtyp einer zukünftigen Weizensorte für mitteleuropäische Verhältnisse ein Stück näher.

Dr. Hansgeorg Schönberger

 

 

B-Weizen

Keksweizen

 

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