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Sind Pflanzen intelligenter als gedacht? Im Kampf gegen Parasiten opfert die Berberitze je nach Überlebenschancen ihren eigenen Samen
Are plants more intelligent than we assumed? In the fight against parasites, the Barberry sacrifices its own seeds depending upon its chances of survival


Leipzig, Germany
March 4, 2014

Gemeine Berberitze (Berberis vulgaris), Foto: Steffen Hauser/ botanikfoto
Auch Pflanzen können komplexe Entscheidungen treffen. Das schließen Wissenschaftler aus Untersuchungen an der Gemeinen Berberitze (Berberis vulgaris), die ihre eigenen Samen abtöten kann, um einen Befall mit Parasiten zu verhindern. Für die Studie wurden rund 2000 Beeren aus verschiedenen Regionen Deutschlands gesammelt, auf Einstichspuren untersuchtet und aufgeschnitten, um den Befall durch die Larve der Sauerdorn-Bohr?iege (Rhagoletis meigenii) zu untersuchen. Foto: Steffen Hauser/ botanikfoto

Auch Pflanzen können komplexe Entscheidungen treffen. Das schließen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) aus Untersuchungen an der Gemeinen Berberitze (Berberis vulgaris), die ihre eigenen Samen abtöten kann, um einen Befall mit Parasiten zu verhindern. Die Ergebnisse seien der erste ökologische Nachweis für ein komplexes Verhalten bei Pflanzen. Sie deuteten darauf hin, dass diese Art über ein strukturelles Gedächtnis verfüge, äußere und innere Einflüsse unterscheiden sowie künftige Risiken abschätzen könne, schreiben die Wissenschaftler im renommierten American Naturalist, dem führenden US-Wissenschaftsjournal für theoretische Ökologie.

Die Gewöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris), auch Sauerdorn genannt, ist eine in weiten Teilen Europas vorkommende Strauchart. Ihre nordamerikanische Verwandte, die Mahonie (Mahonia aquifolium), breitet sich seit einigen Jahren auch in Europa aus. Die Wissenschaftler hatten beide Arten miteinander verglichen und dabei festgestellt, dass sich der Befall mit Parasiten deutlich unterscheidet: "Eine hoch spezialisierte Fliegenart, deren Larven sich eigentlich von den Samen der heimischen Berberitze ernähren, erreicht auf ihrer neuen Wirtspflanze, der Mahonie eine zehnfach höhere Populationsdichte", berichtet Dr. Harald Auge, Biologe am UFZ.

Also nahmen die Wissenschaftler die Samen der Berberitze genauer unter die Lupe. Rund 2000 Beeren sammelten sie aus verschiedenen Regionen Deutschlands, untersuchten sie auf Einstichspuren und schnitten die Beeren auf, um den Befall durch die Larve der Sauerdorn-Bohrfliege (Rhagoletis meigenii) zu untersuchen. Dieser Parasit sticht die Beeren an, um seine Eier darin abzulegen. Wenn die Larve es schafft, sich zu entwickeln, frisst sie oft alle Samen in der Beere auf. Eine Besonderheit der Berberitze ist, dass deren Beeren in der Regel über je zwei Samen verfügen und die Pflanze in der Lage ist, die Entwicklung ihrer Samen zu stoppen, um Energie zu sparen. Dieser Mechanismus wird auch zur Bekämpfung der Sauerdornfliege eingesetzt. Ist nämlich ein Samen mit dem Parasiten befallen, dann wird die sich entwickelnde Larve später beide Samen auffressen. Lässt die Pflanze dagegen den einen Samen absterben, dann stirbt auch der Parasit in diesem Samen und sie kann so den zweiten Samen in der Beere retten.

Bei der Auswertung der Samen stießen die Wissenschaftler auf eine überraschende Entdeckung: „Die Samen in den von Parasiten befallenen Früchten werden nicht immer abgetötet, sondern je nachdem wie viele Samen in den Beeren vorhanden sind“, schildert Dr. Katrin M. Meyer, die die Daten am UFZ ausgewertet hat und inzwischen an der Universität Göttingen arbeitet. Enthielt die befallene Frucht zwei Samen, dann töteten die Pflanzen in 75 Prozent der Fälle den befallenen Samen ab, wodurch der zweite gerettet wurde. Enthielt die befallene Frucht dagegen nur einen Samen, dann töteten die Pflanzen nur in 5 Prozent der Fälle den befallenen Samen ab. Ergebnisse aus dem Freiland, die erst durch ein Computermodel ein schlüssiges Bild ergaben. Per Modellrechnung konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die durch Parasitenbefall gestressten Pflanzen komplett anders reagieren als die ungestressten. „Würde die Berberitze ihre Frucht mit nur einem, aber befallenen Samen abtöten, dann hätte sie die gesamte Frucht umsonst angelegt. Stattdessen ‘spekuliert‘ sie offenbar darauf, dass die Larve von selbst abstirbt, was auch vorkommen kann. Minimale Chancen sind besser als gar keine“, erläutert Dr. Hans-Hermann Thulke vom UFZ. „Dieses Handeln mit Vorausschau, in dem erwartete Verluste und äußere Bedingungen abgewogen werden, hat uns sehr überrascht. Pflanzliche Intelligenz rückt damit in den Bereich des ökologisch Möglichen, lautet die Botschaft unser Studie.“

Aber woher weiß die Berberitze, was ihr nach dem Einstich der Sauerdorn-Bohrfliege droht? Wie die Informationsverarbeitung in der Pflanze funktioniert und wie sich dieses komplexe Verhalten im Laufe der Evolution entwickeln konnte, ist nach wie vor unklar. Die nahe Verwandte der Berberitze, die Mahonie, lebt zwar bereits seit rund 200 Jahren in Europa mit dem Risiko, von der Sauerdorn-Bohrfliege gestochen zu werden, hat aber keine vergleichbare Schutzstrategie entwickelt. Die neuen Erkenntnisse werfen ein überraschendes Licht auf die unterschätzten Fähigkeiten von Pflanzen, eröffnen aber zugleich viele neue Fragen. Tilo Arnhold

Publikationen

Katrin M. Meyer, Leo L. Soldaat, Harald Auge, Hans-Hermann Thulke (2014): Adaptive and selective seed abortion reveals complex conditional decision making in plants. The American Naturalist. Vol. 183, No. 3, March 2014
http://www.amnat.org/an/newpapers/MarMeyer.html
http://www.jstor.org/stable/info/10.1086/67506


Are plants more intelligent than we assumed? In the fight against parasites, the Barberry sacrifices its own seeds depending upon its chances of survival

Plants are also able to make complex decisions. At least this is what scientists from the Helmholtz Center for Environmental Research (UFZ) and the University of Göttingen have concluded from their investigations on Barberry (Berberis vulgaris), which is able to abort its own seeds to prevent parasite infestation. The results are the first ecological evidence of complex behaviour in plants. They indicate that this species has a structural memory, is able to differentiate between inner and outer conditions as well as anticipate future risks, scientists write in the renowned journal American Naturalist — the premier peer-reviewed American journal for theoretical ecology.

The European barberry or simply Barberry (Berberis vulgaris) is a species of shrub distributed throughout Europe. It is related to the Oregon grape (Mahonia aquifolium) that is native to North America and that has been spreading through Europe for years. Scientists compared both species to find a marked difference in parasite infestation: "a highly specialized species of tephritid fruit fly, whose larvae actually feed on the seeds of the native Barberry, was found to have a tenfold higher population density on its new host plant, the Oregon grape", reports Dr. Harald Auge, a biologist at the UFZ.

This led scientists to examine the seeds of the Barberry more closely. Approximately 2000 berries were collected from different regions of Germany, examined for signs of piercing and then cut open to examine any infestation by the larvae of the tephritid fruit fly (Rhagoletis meigenii). This parasite punctures the berries in order to lay its eggs inside them. If the larva is able to develop, it will often feed on all of the seeds in the berry. A special characteristic of the Barberry is that each berry usually has two seeds and that the plant is able to stop the development of its seeds in order to save its resources. This mechanism is also employed to defend it from the tephritid fruit fly. If a seed is infested with the parasite, later on the developing larva will feed on both seeds. If however the plant aborts the infested seed, then the parasite in that seed will also die and the second seed in the berry is saved.

When analysing the seeds, the scientists came across a surprising discovery: "the seeds of the infested fruits are not always aborted, but rather it depends on how many seeds there are in the berries", explains Dr. Katrin M. Meyer, who analysed the data at the UFZ and currently works at the University of Goettingen. If the infested fruit contains two seeds, then in 75 per cent of cases, the plants will abort the infested seeds, in order to save the second intact seed. If however the infested fruit only contains one seed, then the plant will only abort the infested seed in 5 per cent of cases. The data from fieldwork were put into a computer model which resulted in a conclusive picture. Using computer model calculations, scientists were able to demonstrate how those plants subjected to stress from parasite infestation reacted very differently from those without stress. "If the Barberry aborts a fruit with only one infested seed, then the entire fruit would be lost. Instead it appears to 'speculate' that the larva could die naturally, which is a possibility. Slight chances are better than none at all", explains Dr. Hans-Hermann Thulke from the UFZ. "This anticipative behaviour, whereby anticipated losses and outer conditions are weighed up, very much surprised us. The message of our study is therefore that plant intelligence is entering the realms of ecological possibility."

But how does the Barberry know what is in store for it after the tephritid fruit fly has punctured a berry? It is still unclear as to how the plant processes information and how this complex behaviour was able to develop over the course of evolution. The Oregon grape that is closely related to the Barberry has been living in Europe for some 200 years with the risk of being infested by the tephritid fruit fly and yet it has not developed any such comparable defence strategy. These new insights shed some light on the underestimated abilities of plants, while at the same time bringing up many new questions.

Publications

Katrin M. Meyer, Leo L. Soldaat, Harald Auge, Hans-Hermann Thulke (2014): Adaptive and selective seed abortion reveals complex conditional decision making in plants. The American Naturalist. Vol. 183, No. 3, March 2014
http://www.amnat.org/an/newpapers/MarMeyer.html
http://www.jstor.org/stable/info/10.1086/67506



More news from: Helmholtz Center for Environmental Research


Website: http://www.ufz.de

Published: March 4, 2014



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