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Anbauverbote: Europaparlament pocht auf Souveränität der Mitgliedstaaten


Germany
November 18, 2014

Der Umweltausschuss des Europaparlaments hat sich in der Diskussion um nationale Anbauverbote für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) dafür ausgesprochen, dass Mitgliedstaaten vorgeschaltete Verhandlungen mit den Herstellern ablehnen können, wenn sie dies wünschen. Die Abgeordneten stimmten am vergangenen Dienstag (11.11.) dafür, dass gentechnikkritische Mitgliedstaaten im Zuge des „Opt-out“-Ansatzes grundsätzlich das Recht erhalten, eigenständige Verbote auszusprechen, ohne im Vorfeld zwingend abzuklären, ob ein Unternehmen eventuell bereit wäre, das betreffende Gebiet vom GVO-Zulassungsantrag auszunehmen. Ferner haben die Umweltpolitiker die Liste zulässiger Verbotsgründe über raumplanerische und sozioökonomische Aspekte hinaus verlängert beziehungsweise detailreicher ausformuliert. Ähnlich wie derzeit bei der sogenannten Sicherheitsklausel, die in Deutschland gegen die Maislinie MON810 aktiv ist, sollen nachträglich auch Umweltgründe ins Feld geführt werden können, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eventuell nicht berücksichtigt wurden. Die Europäische Kommission hatte solche Umweltgründe bislang aus dem Text heraushalten wollen, um die EFSA-Bewertung nicht in Frage zu stellen. Die Möglichkeit zur Auslösung der Sicherheitsklausel im Zuge neuer Erkenntnisse wird von dem Optout-Vorschlag allerdings auch nicht berührt. Dennoch begrüßte der Sprecher von EU-Gesundheitskommissar Vytenis A n d r i u k a i t i s grundsätzlich das Votum des Parlaments. Falls sich die Institutionen jetzt schnell einigten, bestehe die Aussicht, dass die Mitgliedstaaten dieses neue Instrument bald nutzen könnten.

Nächste Schritte

Tatsächlich war das Votum des Umweltausschusses der Startschuss für die Schlussverhandlungen des Parlaments mit dem Rat und der Kommission. Die ersten Triloggespräche fanden nur wenige Stunden nach der Abstimmung am Dienstag statt. Weitere Treffen sind für den 25. November und den 3. Dezember geplant. Im Falle einer schnellen politischen Einigung dürfte die Abstimmung des Plenums im Januar folgen. Berichterstatterin Frédéric R i e s von den belgischen Liberalen betonte, zu dem sensiblen Thema Gentechnikanbau gebe es eine große Übereinstimmung zwischen den politischen Gruppen des Parlaments. Mit den geforderten Änderungen schaffe man eine klare Rechtsgrundlage für die Zulassung von GVO auf EU-Ebene, verbunden mit mehr Sicherheitsgarantien und einer Schlüsselrolle für die EFSA.

Weitergehende Vorschriften beschließen

Die SPD-Europaabgeordnete Susanne M e l i o r verspricht sich von den neuen Regeln mehr Rechtssicherheit. „Deutschland kann demnächst selbst entscheiden, ob Genpflanzen auf unseren Feldern angebaut werden oder nicht“, so die Umweltpolitikerin. Die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft dürften durch den Anbau von Genpflanzen nicht gefährdet oder sogar verhindert werden. Die EU-Länder müssten daher zwingend auch Koexistenzmaßnahmen und Abstandsregeln festlegen. Die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Elvira D r o b i n s k i - W e i ß , ergänzte, die Forderung, GVO-Anbauverbote auf Basis des Umweltrechts anstelle des Binnenmarktrechts zu begründen stärke die Rechtssicherheit der Anbauverbote. Vor allem die vorgesehene Begrenzung des Einflusses der Saatgutunternehmen sei der SPD ein wichtiges Anliegen.

Mehr Demokratie verlangt

Der Agrarsprecher der Grünen/EFA im Europaparlament, Martin H ä u s l i n g sieht die Möglichkeiten der Mitgliedsstaaten und Regionen für Anbauverbote wegen der Einbindung von Umweltgründen gestärkt. Dennoch sehe man die Gefahr, dass Europa zu einem Flickenteppich von Staaten mit und ohne Gentechnik werde, wenn das Zulassungsverfahren nicht grundsätzlich überarbeitet und verschärft werde. „Es muss demokratischer werden und gewährleisten können, dass die langfristigen Auswirkungen von Gentechnik auch Berücksichtigung finden, und zwar auf Basis unabhängiger Gutachten“, so Häusling. Sein Parteikollege Harald E b n e r aus dem Bundestag rief die Bundesregierung auf, „sich ohne Wenn und Aber für vorbehaltslose und rechtssichere Anbauverbote auf nationaler Ebene“ einzusetzen. Dafür warb auch die Umweltorganisation Greenpeace.

Binnenmarkt in Frage gestellt

Kritische Töne kamen dagegen von der FDP. Deren Umweltexpertin im Europaparlament, Gesine M e i ß n e r , erwartet einen Schaden für den Binnenmarkt, denn es sei ein Flickenteppich verschiedener Regelungen zu erwarten, ohne dass es dafür eine wissenschaftliche Grundlage gebe. „Angesichts der öffentlichen Debatte ist dieser Kompromiss jedoch das geringste Übel - mehr wird nicht zu erreichen sein“, resümierte die Abgeordnete. Die Gegner der Gentechnik argumentierten hauptsächlich emotional. Statt immer mehr Verbote zu ermöglichen, sollten Verbraucher aufgeklärt werden, damit sie eigenverantwortlich entscheiden könnten, ob sie die Produkte kaufen wollten oder nicht.

Selbstbestimmt und rechtssicher

Dr. Kirsten T a c k m a n n , die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, kommentierte das Votum mit folgenden Worten: „Jeder Mitgliedstaat muss das Recht haben, selbstbestimmt und rechtssicher sowie unbürokratisch den Anbau von Gentechpflanzen abzulehnen. Daher lehnen wir den Vorschlag der EU-Kommission für ein zwingendes 2-Phasen-System für Anbauverbote ab, weil dies ein Eingriff von Monsanto, BASF und Co in die staatliche Souveränität ist.“ Tackmann betonte, eine staatliche Entscheidung für ein Anbauverbot müsse jederzeit erlaubt und unverzüglich umsetzbar sein sowie alle Risiken nach dem Vorsorgegrundsatz einschließen. Dessen ungeachtet hält die Linksfraktion eine Reform der EU-Zulassungsverfahren von GVO für dringend notwendig. Insbesondere müssten Langzeiteffekte und sozioökonomische Auswirkungen des Gentech-Anbaus in die Risikobewertung einbezogen werden.

Für ein gentechnikfreies Hessen

Die Staatssekretärin im hessischen Landwirtschaftsministerium, Dr. Beatrix T a p p e s e r , begrüßte die Positionierung der Europaabgeordneten. Anlässlich ihres Besuchs der 20. Landwirtschaftlichen Fachtagung zum Thema „Gentechnik und Landwirtschaft“ in Idstein hob Tappeser hervor, der Schutz von Mensch, Tier und Umwelt habe für die Landesregierung oberste Priorität. „Wir wollen, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, die Schöpfung bewahren und die Natur und Umwelt schützen in der Verantwortung für künftige Generationen. Hessen soll gentechnikfrei bleiben“, so die Grünen-Politikerin. Damit unterstütze man die Gentechnikfreiheit auch auf europäischer Ebene. Die Staatssekretärin erinnerte daran, dass Hessen im Mai dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beigetreten sei. Dadurch sollten Landwirte ermutigt werden - derzeit auf freiwilliger Basis - auch künftig auf den GVO-Anbau zu verzichten. Im Juni 2014 sei außerdem vom hessischen Kabinett ein Beschluss zur Gentechnikfreiheit auf landeseigenen Flächen gefasst worden. Bereits seit 2008 würden in Hessen keine gentechnisch veränderten Pflanzen mehr angebaut oder freigesetzt. Stattdessen wolle man den heimischen Eiweißpflanzenanbau fördern, um Ersatz für bislang importierte gentechnikveränderte Futtermittel zu schaffen.

Sicherer Rahmen für Regionen verlangt

Bayerns Umweltministerin Ulrike S c h a r f hob hervor, dass die Regionen spätestens bis zur Aussaat im kommenden Frühjahr bräuchten ein Selbstbestimmungsrecht über den Anbau Grüner Gentechnik bräuchten. In der Landwirtschaft berge der GVO-Anbau Gefahren für die empfindlichen Naturräume und kleinteiligen Agrarstrukturen, so die CSU-Politikerin bei der Festveranstaltung „Fünf Jahre gentechnikanbaufreies Bayern“. Seit 2009 würden in dem Freistaat keine gentechnisch veränderten Pflanzen mehr angebaut und seit 2010 auch nicht mehr zu Forschungszwecken freigesetzt. Der weit überwiegende Teil der Bevölkerung wolle zu Recht keine Gentechnikpflanzen auf den Feldern. Mehr als 200 bayerische Gemeinden, Städte und Landkreise trügen bereits das Logo „Gentechnikanbaufreie Kommune, betonte Scharf Zudem sei auch Bayern im April 2014 dem Europäischen Netzwerk gentechnikanbaufreier Regionen mit inzwischen 62 Mitgliedern beigetreten.



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Website: http://europa.eu

Published: November 20, 2014



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